Das habe ich diesen Sommer endlich begriffen.
Ich stehe am Bahnhof Züssow und möchte nach Usedom. Mein Anschlusszug kommt in einer Stunde.
Ich schaue auf die Karte, 27 km bis zu meinem Zielort Trassenheide.
1 Stunde und 16 Minuten lügt Google Maps.
"Machbar mit dem Fahrrad, besser, als hier warten", denke ich laut und schon finde ich mich auf einem wundervollen Fahrradweg wieder. Diverse Blumen wachsen am Rand.

Felder, Wiesen und die Sonne scheint, die Welt ist heil und in Ordnung.
Dann endet der Fahrradweg abrupt und spuckt mich auf die Bundesstraße.
Umkehren?
War für mich irgendwie noch nie eine Option. Also, muss ich da durch, mit der Hoffnung, dass sich wieder ein Fahrradweg auftun wird.
Tut er nicht ...
...und es ist einfach lebensgefährlich auf dieser Straße als Fahrradfahrerin weiterzufahren. Autos und LKWs donnern an mir vorbei, ich halte an, heule kurz.
Ich entdecke eine kleine Straße und fahre aus lauter Verzweiflung da weiter, obwohl sie mich nach 400 Metern wieder auf die Bundesstraße führt.
ABER von hier sehe ich einen kleinen Waldweg. Ich weiß, meine Optionen sind umzukehren oder diesen unbekannten Waldweg zu nehmen.
Na ja, und da umkehren eigentlich keine Option für mich ist, nehme ich den Waldweg, der mich, wer weiß schon wo, hinbringen wird.
Der Untergrund ist dort kaum befahrbar und die Richtung ist auch falsch. Wieder heule ich kurz und frage mich:
Würde ich jetzt lieber in Züssow am Bahnhof stehen und warten?
Nein!!!!
... ist meine klare Antwort und ab diesem Moment genieße ich mein Abenteuer. Horche nach Vögeln, schiebe, wenn ich nicht weiterkomme, halte an, meditiere und schreibe meine Gedanken in ein Notizbuch.
Nach einer Weile finde einen guten Waldweg, der mich direkt zum nächsten Bahnhof führt. Ganz bis Trassenheide mit dem Fahrrad zu fahren war einfach utopisch ; )

Später habe ich mir Gedanken gemacht, welche Erkenntnis ich aus diesem Erlebnis für mich ziehen kann.
Hier war der Punkt, wo ich verstanden habe, dass ich das Fahrrad bin und daher immer einen anderen Weg fahren muss, um glücklich zu sein, da ich für die Bundesstraße einfach nicht gemacht bin.
Die meisten Menschen sind wie die Autos und ihr Leben ist die Bundesstraße. Sie haben ein bestimmtes Ziel und da kommen sie schnell und auf direktem Weg hin - aus meiner Sicht auch ganz komfortabel ; )
Übersetzt soll das heißen: Sie suchen sich einen Beruf, machen da Karriere, verdienen immer mehr Geld und haben immer das gleiche Hobby.
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Ich bin ein Fahrrad!
Das soll heißen: Ich liebe die Seitenstraße, das Abenteuer, den Irrweg, den Moment, wenn ich nicht weiß, wie es weitergeht. Alles ist näher an mir dran. Ich kann die Details sehen. Ich möchte das Schöne überall begreifen und anderen davon erzählen.
Zu verstehen, dass mein Ziel nicht das Ziel und auch nicht der Weg ist, sondern der Umweg, ist meine Erkenntnis für diesen Sommer.
Und hat mich noch tiefer in Verbindung und in den Frieden mit meinem Scanner und mir gebracht. Es ist einfach anstrengen und geradezu lebensgefährlich zu versuchen ein Auto zu sein, wenn du ein Fahrrad bist.
Du wirst nie deine Vorzüge sehen und zeigen können, wenn du auf dem falschen Weg bist.
Du wirst immer das Gefühl haben, alle anderen sind schneller und besser.
"Ach, wie gerne wäre ich doch ein Auto", wirst du vielleicht sagen.
Ich frage dich:
Willst du das wirklich?
Willst du mit 100 km/h auf der Bundesstraße unterwegs sein oder willst du mit deinem Fahrrad das Abenteuer deines Lebens erfahren?
Deine Entscheidung!
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